Freitag, 29. September 2017

Ankauf und Schenkung

"Skulptur 36"  - Stephan US 2017 - Foto: DER MEISTERSCHÜLER
(Der Ankaufsetat befand sich in der Plastiktüte links neben der Kunst)



Liebe Freundinnen und Freunde des DER MEISTERSCHÜLERS,

zum Ende der Skulpturen Projekte kauften wir am 29. September 2017 aus redaktionellen Gründen und zum Support befreund-feindeter Künstler eine sinnvolle Arbeit in unsinnvollen Zeiten an:
Stephan US seine 36. Skulptur! 



Zum Preis von 10.000 Schleifen, Ocken, Kröten, Piepen - kurz zum Wert von in Buchstaben: ZEHNTAUSEND albanischen Leken erwirbt DER MEISTERSCHÜLER das Schild.

Zahlbar in bar und in abweichenden Währungen...hinter dem Mülleimer. Foto: Rainer Kühn 2017

Es klebt (siehe Abbildung) an der brökelnden Fassade des protoantiken und stehengebliebenen Kieselbetonsockels, auf der früher mal die noch älteren Arbeiten des in zwischen lang schon gestorbenen Künstlers (Karl Bernewitz) standen... (wenn Ochsenmagd auf Pferdebauer trifft).
Nach dem Ankauf schenkt DER MEISTERSCHÜLER der Stadt Münster diese Nr. 36.

Am 29. September 2017 um 13:11 Uhr hat Stephan US ein neues Schild auf besagtem Beton neu verklebt. Im Tausch gegen die erwähnten Valuta, (die traditonsgerecht in einer blumigen Plastik Tüte überreicht wurden) ging dann das Hinweisschild im Verlaufe einer fiskalischen Transaktionsperformance in den Besitz der Redaktion über. 



Im Anschluß signierte DER MEISTERSCHÜLER vertreten durch Ruppe Koselleck und Stephan US eine Schenkungsurkunde (im Wortlaut links abbiegen, hier) an den Oberbürgermeister der Stadt Münster, die in den Postkasten vor dem Stadthaus I eingeworfen wurde.

Eine Kopie der Schenkungsurkunde ergeht in den nächsten Tagen per mail an: Das LWL Museum (altes Landesmuseum), einen nicht näher benannten Notar und C.K., M.W. und B.P. (pers.).

Zur komplexen Untermauerung der USschen Absichten veröffentlichen wir im Anschluß an diesen redaktionellen Abriß den Originaltext zur Arbeit in deutscher und englischer Sprache.

DER MEISTERSCHÜLER entschloß sich zum Ankauf dieser Arbeit auch aus Gründen der Radikalität der USschen Forderungen, die eingedenk und trotz aller urbanostrategischen Bedenken seitens des Stattmarketings, darin gipfelt bis zum Jahr 2027 ALLE in Worten "alle" Skulpturen zu entfernen.... 

...so hängt die Schenkung vorerst vorm dem Stadthaus 2...
 
(wenigstens solange bis sich Widerstand regt. Und der ist zu erwarten!)

So verbleibt bis in Kürze


Ruppe Koselleck 
für den DER MEISTESCHÜLER

Im folgenden finden Sie das USsche Manifest und die Manifestation zur ausgeschilderten Nr. 36.
 
36. Skulptur – Nomadic No Man’s Land wird für 10.000 ALL incl. (ALL=Albanischer Lek, sind ungefähr 74,12 €uronen) gekauft und Inhalt und Umsetzung der Stadt Münster geschenkt. 
„Nomadic No Man’s Land“ - Auflösung und Entfernung der Skulpturen-Sammlung bis 2027
Sechsunddreißigstes Skulptur Projekt thematisiert den freien, offenen Raum
Die Skulptur Projekte Münster mit ihren 35 Arbeiten sind ein paar Tage jung und die Stadt lebt ihr internationales freundliches Gesicht. Die Presse jubelt, dass die Skulptur Projekte 2017 besser als die Documenta in Kassel ist. Aber „Kunst wird so umarmt, alle finden das toll. Es gibt so viel Übereinkunft. Wenn sich alle einig sind, stimmt aber irgendwas nicht.“ (1) um Kasper König zu zitieren. 
Und es stimmt tatsächlich etwas nicht.
Am Dienstag, 27. Juni 2017 um 10.27 Uhr startet ein sechsunddreißigstes Skulptur Projekt im Stadtraum Münster. Es geht um die Entfernung der Skulpturensammlung aus dem Stadtbild bis 2027. Am Stadthaus 2, Ludgeriplatz 4 installiere ich ein Schild im angelehnten Design der Skulptur Projekte an einen ca. 40 cm hohen morbiden Betonsockel:


Titel: „Nomadic No Man’s Land“

Untertitel:
„Auflösung und Entfernung der Skulptur Projekte Sammlung im öffentlichen Raum Münsters bis 2027
Dissolution and removal of the sculpture projects collection in public space of Münster until 2027“

Und der Ort kommt nicht von ungefähr, denn zwei tiefer liegende, durch Moose und Flechten bewachsene Felder, weisen 30 Jahre zurück. Zu den Skulptur Projekte 1987 entfernte der Schweizer Konzeptkünstler Rémy Zaugg dort die Bronzeskulpturen „Magd mit Ochse“ und „Bauer mit Pferd“ von diesem Betonsockel und stellte sie wieder an den ursprünglichen Ort gut 100 Meter entfernt am Ludgerikreisel auf zwei Betonsockel. Damals sprach Zaugg davon der Stadt „einen neuen freien Platz gegeben“ (2) zu haben. 

Dieser Platz ist auch 30 Jahre später immer noch frei, was für den öffentlichen Raum eine Seltenheit ist. Zaugg beschrieb den öffentlichen Raum damals: „Einige können sich den öffentlichen Raum aneignen, zum Beispiel die politische Macht, Individuen, die eine öffentliche Funktion haben, oder Geldmächte,...“ (2) . Das war schon damals wahrnehmbar. Das sich die Kommerzialisierung des öffentlichen Raumes (auch digitaler Raum) heute fast flächendeckend durchgesetzt hat, kann niemand mehr bestreiten und die politische Macht bestimmt größtenteils, wer ihn wann wie nutzen darf.

Fotostrecke aus der WASSERSTRASSE, hier abbiegen.
Die Skulptur Projekte Ausstellung gehört mittlerweile ebenso zur Kommerzialisierung und Bestimmung des öffentlichen Raumes dazu, obwohl sie eigentlich die Frage und das Forschende nach dem Öffentlichen in ihrem Konzept (3) betont. 

Das ist paradox. Man kann nicht das Öffentliche und den öffentlichen Raum im Hier und Jetzt ernsthaft mit einer Ausstellung befragen und erforschen, wenn in dieser mehr Werke aus den vergangenen 4 Skulptur Projekten sind als Zeitgenössische. Diese „alten“ Skulpturen bestimmen und besetzen das zeitgenössische öffentliche Jetzt. Sie haben zuviel Einfluss auf Bewohner, Besucher und die Künstler selbst bzw. sind teilweise zur dauerhaften Stadtmöblierung und zum städtischen Imagebild geworden. Der Weg zum städtischen Skulpturenpark ist da nicht ganz fern. Eigentlich sieht das Konzept der Skulptur Projekte vor für nur 100 Tage temporär die zeitgenössische Skulptur internationaler Künstler im öffentlichen Raum Münsters wirken zu lassen und zu erforschen. Es geht dabei um die Fragen nach dem öffentlichen Raum, „was eigentlich Öffentlichkeit ist, wie öffentlicher Raum hergestellt wird, ob es den überhaupt noch gibt.(4)“

Wichtige Fragen für die jetzige und zukünftige Stadtgesellschaft. Nimmt man diese Fragen und das Forschen ernst, wird man unter diesen Bedingungen nur verfälschte Messergebnisse und Antworten erhalten. In der nicht konsequenten Umsetzung des Konzeptes der Skulptur Projekte liegt die jetzige „Umarmung“ (Kommerzialisierung und Ökonomisierung) der Skulptur Projekte. Um das zu verändern, braucht es einen sich ständig wieder öffnenden, sich bewegenden, von (den alten Werken) entleerten Stadtraum: 
„Nomadic No Man´s Land - Auflösung und Entfernung der Skulptur Projekte Sammlung im öffentlichen Raum Münsters bis 2027“

Denn der öffentliche Raum ist in seiner ureigenen Eigenschaft nicht statisch, immer wie ein Labor und neu verhandelbar. Man sollte sich aber aus der „Umarmung“ immer wieder lösen, um zu schauen, was darin wirklich passiert. Das braucht Mut und tut manchmal auch etwas weh.

ENGLISH

„Nomadic No Man’s Land“ - Resolution and removal of the sculpture collection until 2027
Thirty-sixth sculpture project deals with free, open space

The sculpture projects Münster with their 35 works are a few days young and the city lives its international friendly face. The press rejoice that the sculpture projects 2017 is better than the Documenta in Kassel. But "art is so embraced, everyone finds it great. There is so much agreement. But if everyone agrees, something is wrong. "(1) to quote Kasper König.
And there is really something wrong.

On Tuesday, 27 June 2017 at 10.27 AM starts a thirty-sixth sculpture project in the Stadtraum Münster. It is about the removal of the sculpture collection in public space of Münster until 2027. At Stadthaus 2, Ludgeriplatz 4, I install a sign in the related design of the sculpture projects on a 40 cm high morbid concrete base:
Title: "Nomadic No Man's Land"
Subtitle:
" Auflösung und Entfernung der Skulptur Projekte Sammlung im öffentlichen Raum Münsters bis 2027
Dissolution and removal of the sculpture project collection in public space of Münster until 2027 "

And the place does not come by chance. Two lower fields, covered with mosses and lichens, date back thirty years. In 1987, the Swiss conceptual artist Rémy Zaugg removed the bronze sculptures "Maid with ox" and "Farmer with horse" from this concrete base and placed it again in the original place, 100 meters away, on the Ludgerikreisel on two new concrete bases. At that time, Zaugg spoke to give the city "a new free place" (2). This place is still 30 years later still free, which is a rarity for the public space. Zaugg described the public space at the time: "Some can acquire the public space, for example the political power, individuals who have a public function, or money powers ..." (2). This was visible at the time. The commercialization of the public space (including digital space) has now almost spread across all areas, no one can deny. The political and economic power largely determines who can use it as when and how.

The Sculpture Projects Exhibition now also belongs to the commercialization and determination of the public space. Although she actually emphasizes the question and the researching of the public in her concept (3).
This is paradoxical. It’s not possible to explore the public and the public space in the here and now seriously with an exhibition, if in this more works from the past four sculpture projects act as contemporary works. These "old" sculptures determine and occupy the contemporary public now. They have too much influence on locals, visitors and the artists themselves. They become permanent urban furniture and mutate to city images. The way to the urban sculpture park is not quite far away.
Actually, the concept of sculpture projects provides for the contemporary sculpture of international artists in the public space of Münster to be worked and explored temporarily for only ca. 100 days. It is a question of the public space, "what is actually the public, how public space is created, whether it still exists." (4) Important questions for the present and future city society. If these questions and research are taken seriously, under these conditions only distorted measurement results and answers will be obtained. In the non-consistent implementation of the concept of sculpture projects lies the present "embrace" (commercialization and economization) of the sculpture projects. In order to change this, it needs a constantly re-opening, moving, emptying space (emptied of the old works).
"Nomadic No Man's Land - Dissolution and removal of the sculpture projects collection in public space of Münster until 2027"
The public space is not static in its own characteristic, always as a laboratory and can be re-negotiated. But you should always release yourself from the "embrace" to see what really happens in it. It takes courage and sometimes it hurts.

Stephan US, 27.06.2017

(1) DPA-Interview Kuratorenteam: hier Kasper König im Art-Magazin 23.01.2017
(2) Rémy Zaugg - Interview mit Thomas Wulffen, Die TAZ, Oktober 1987
(3) „Die Realisierung der Ausstellung transportiert dabei per se eine politische Botschaft: Mithilfe öffentlicher Gelder markieren die Skulptur Projekte die Bedeutung des öffentlichen Raums als eine für das gesellschaftlich-kulturelle Zusammenleben unabdingbare, heterogene Sphäre, die keinen wirtschaftlichen Interessen untergeordnet werden darf.“
Zitat - Skulptur Projekte 2017 Konzept
(4) DPA-Interview Kuratorenteam: hier Marianne Wagner im Art-Magazin 23.01.2017

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